This Is Not A Swan Song

„Endlich wird man meine Musik spielen“ – das sollen die letzten Worte von Hector Berlioz gewesen sein, laut einer Sammlung letzter Worte vieler Berühmter und Unbekannter. Denn das Ende ist faszinierend und es lauert überall: seien es aussterbende Arten, nicht mehr entzifferbare Sprachen oder sicher geglaubte Gewissheiten.

Besetzung / Cast
GAMUT INC: Komposition, Konzept, Inszenierung, Bühne
LESLIE DUNTON-DOWNER: Libretto
JORDAN ROUNTREE: Performance:
MARION WÖRLE: Electronik
MACIEJ SLEDZIECKI: Gitarre
MICHAEL VORFELD: Perkussion, Saitensintrumente, Glühlampen
GAMUT INC and MICHAEL VORFELD: Licht
RODRIGO LOPEZ KLINGENFUSS: Chorleitung Köln
ARMANDO MERINO: Chorleitung München
ANTOINE DAURAT: Chorleitung Berlin
ROBERT NACKEN: Klangregie

Chor Köln
S Anna Rabe, Anna Graf
A Eva Marti, Verena Tönjes
T Leo Wepner, Lorenz Rommelspacher
B Johannes Wedeking, Irfan Berilo

Chor München
S Yu Soomin, Irina Firouzi
A Cornelia Lanz, Franziska Wetzler
T Manuel Ried, Omar Garrido
B Tibor Brouwer, Tom Amir

Chor Berlin
S Gina Walter, Dominika Kocis
A Dora Osterloh, Sophie Catherine
T Marcelo de Souza Felix, Lorenz Rommelspacher
B Thorbjörn Björnsson, Johannes Wedeking

Aufführungen
Nov 2017 Stadtgarten Köln; Nov 2017 Schwere Reiter München; Jan 2018 Ballhaus Ost Berlin

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THIS IS NOT A SWAN SONG nähert sich, ausgehend von der Metapher des Schwanengesangs, assoziativ und vielschichtig dem Ende. Ein Chor singt in halluzinatorischen Visionen letzten Worte Verstorbener. Anna Pavlova tanzt zum letzten Mal den sterbenden Schwan. Ein Lied in der ausgestorbenen Sprache der Tasmanier erklingt. Ein automatisches Akkordeon spielt wie von Geisterhand.
Die elektro-akustische Musik verbindet elektronische Klänge mit E-Gitarre, eigenwilligem Schlagwerk, unorthodox klingenden Saiteninstrumenten und einem achtstimmigen Chor, der singt, zischt, und die letzten Worte bis zum Ende des Atems faucht. Tiefe elektronische Drones verleihen dem Stück eine jenseitige Atmosphäre. Der Perkussionist und Lichtkünstler Michael Vorfeld spielt dabei auf selbst entworfenen vielsaitigen Monochorden und Perkussionsinstrumenten. Ausschnitte seiner Kollektion aussterbender Glühlampen und Kodak Carousel Diaprojektoren sind nicht nur Teil des Bühnenbilds, ihre Stromkreise und Betriebsgeräusche werden als feines Elektronenflickern hörbar in die Musik eingewoben.

All things come to an end! Capitalism has reached its final phase, democratic systems are being challenged by populism, the open Internet is being repurposed as an algorithmic surveillance machine, and enlightened society seems to have been replaced by post-factuality. But life in the post-epochal epoch is in no way at a standstill, as the “End of History“ theory suggests.

Reviews
“[…] Geigenbögen treffen in klirrender Kühle auf Becken und Saiten, Noise-Schwaden brechen sich an einem liturgisch anmutenden Chorpart, Perkussion-Strecken lassen in ihrer industriellen Mechanik an die Musik der Einstürzenden Neubauten denken, bis schließlich ein Glühbirnen-Lagerfeuer die Musik zu einem Ausdruck erwärmt, der an Johnny Cashs Spätwerk erinnert.
In solch tollen Momenten dieses Abends verbinden sich Klang, Bühnenbild und Performance zu abstrakten, brüchigen und schimmernd jenseitigen Bildern.
[…] Am Ende aber schwingt sich die Geigenbogen-Gitarre noch einmal zu neuer Grandezza auf und mit der Projektion einer sich immer weiter verdoppelnden und verpixelnden alten Aufnahme von Anna Pawlowa als “Sterbender Schwan” findet man ein sinnliches Ende.”

Süddeutsche Zeitung

“[…] Optisch ist der kurzweilige Abend in drei sauber voneinander abgetrennte Ebenen gegliedert. Links (im Dunkeln) stehen die ChoristInnen […] das Mehrstimmige klingt hochkomplex. z.T. hochkompliziert – wie sehr, bemerkt man auch daran, wieoft jede/r dann zwischendurch zur Stimmgabel zu greifen sich genötigt sieht. Rechterseits ist die Gesamt-Apparatur des für den Klang-Backround Erforderlichen aufgestellt – diese wird dann von Marion Wörle (Elektronik), Maciej Sledziecki (Gitarre) und Michael Vorfeld (Perkussion, Saiten, Glühlampen) beeindruckend bedient. […] Ja und der seine beiden schönen Hände aus dem schwarzen Dress hervorzaubernde und mit seinen weißen Glasaugenattrappen hoch beeindruckende Jordan Rountree […].
Das Alles hat was Sphärisch-Transzendentes und erlebt sich stellennweise wie inmitten einer alptraumhaften Unauswegbarkeit. Man konzentriert sich zwar nicht mehr und weiter auf die vielzitierten “letzten Worte” irgendwelcher Leute – dafür wird der innervisuelle Fokus mehr denn auf die unausweichlich vor uns hinlauernden Individualtode gelenkt, was wiederum dann “tröstlich” stimmt, obgleich auf unverkennbar schräge Weise.”

kultura-extra, der Freitag online